Medizinische Fakten

In dem Film werden medizinische Fakten zum Thema Schwangerschaftsabbruch falsch dargestellt (www.tabu-abtreibung.dewww.facebook.com/tabuabtreibung).Dahinter steht eine klare religiös/ideologisch motivierte Propaganda, die den Mythos nähren soll, dass Frauen nach einem Abbruch psychisch erkranken. Ferner gibt der Film Menschen ein Forum, die mit fundamental klerikalen Organisationen, sowie rechts-nationalen politischen Parteien, wie der österreichischen FPÖ des früheren Jörg Haider auftreten und gemeinsam das entsprechende soziale Konzept sowie Frauenbild verbreiten. Insbesondere sind diese Gruppierungen gegen die Straffreiheit des Abbruchs und gegen die Selbstbestimmung von Frauen.

Die folgende Korrektur der Fehler beruht auf der medizinischen Fachliteratur, sowie eigener jahrzehntelanger ärztlicher Erfahrung in der Betreuung und Behandlung von Frauen mit ungewollten Schwangerschaften (alle Hinweise sind weiter unten im Detail aufgeführt und referenziert):

  1. Zentrale Aussagen der einzigen medizinischen Protagonistin in dem Film, der Ärztin und Psychotherapeutin Dr. Pokropp-Hippen, sind nachweislich faktisch falsch
  2. Die Auswahl an Film Protagonistinnnen erfolgt sehr einseitig und lässt den Großteil der Frauen unberücksichtigt, für welche ein Abbruch eine große Erleichterung darstellt, weil damit das zugrunde liegende Problem der ungewollten Schwangerschaft gelöst wurde.
  3. Der Filmemacherin Renate Günther-Greene unterlaufen mehrere Verwechslungen in der Behandlung des Themas ungewollte Schwangerschaft
  4. Einseitige Darstellung der ethischen Perspektive aus ausschließlich katholischer Sicht
  5. Es fehlen vollständig Beiträge von Ärzten und Beraterinnen, welche Schwangerschaftsabbrüche durchführen und Frauen dabei begleiten sowie betreuen
  6. Faktisch falsche Darstellung und Bezeichnung einer frühen Schwangerschaft als ‚Kind‘ anstatt Fruchtsack oder Embryo
  7. Ausschließlich religiös, bzw. ideologisch motivierte Links auf der Homepage des Films www.tabu-abtreibung.de (www.facebook.com/tabuabtreibung)


Es gibt zahlreiche andere Filme, welche den Schwangerschaftsabbruch aus der Perspektive der betroffenen Frauen, sowie medizinisch und historisch korrekt darstellen, wie etwa die Dokumentation ‚Der lange Arm der Kaiserin‘: www.derlangearmderkaiserin.at
Eine große Anzahl an Filmen zum Thema findet sich auch unter www.abortionfilms.org

Die angeführten Hinweise im Detail und mit Referenzen:

  1. Zentrale Aussagen der einzigen medizinischen Protagonistin in dem Film, der Ärztin und Psychotherapeutin Dr. Pokropp-Hippen, sind nachweislich faktisch falsch. “Es wird geschätzt, dass von 10 Frauen 2 Frauen symptomfrei bleiben nach einer Abtreibung und etwa 2-4 Frauen eine wirkliche Erkrankung entwickeln, die Hilfe braucht. Typische seelische Folgestörungen können dann depressive Erkrankungen sein, können Angsterkrankungen sein, da gibt es eine breite Palette.“ Auf ihrer Homepage stellt sie ähnliche Behauptungen auf: www.dr-hippen.de Diese Aussagen widersprechen jedoch eklatant den Ergebnissen in der wissenschaftlichen Literatur und auch das mehrmals von Pokropp-Hippen zitierte “Post-Abortion-Syndrome” gibt es in der medizinischen Fachwelt nicht. Es ist weder in der Liste der medizinischen Diagnosen der WHO (ICD) enthalten: www.who.int 
noch anerkannt von:
    – Amerikanischen Gesellschaft für Psychologie (American Psychological Association task force on mental health and abortion) www.apa.org
    – Academy of Medical Royal Colleges, London www.nccmh.org.uk
    – Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie:

    http://www.psychotherapie.at/sites/default/files/files/berufspolitik/Stellungnahme-OEBVP-PA-8044-Post-Abortion-Syndrom-2011-04-14.pdf
    Tatsächlich zeigen zahlreiche Studien übereinstimmend das Gegenteil: Frauen, die keine psychischen Probleme vor einem Abbruch hatten, haben nach einem Abbruch nicht mehr Probleme als Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft ausgetragen haben. Allerdings werden auch Frauen mit psychischen Problemen ungewollt schwanger bzw. werden sogar häufiger ungewollt schwanger, als Frauen ohne psychische Probleme, weil sie Schwierigkeiten mit wirksamer Verhütung haben. Viele dieser Frauen instrumentalisieren den Abbruch nach dem Eingriff als Ursache ihrer bereits zuvor vorhandenen psychischen Probleme. So wird verständlich, dass es – einige wenige – Frauen gibt, die Probleme nach einem Abbruch hatten. Dies sind jedoch Einzelfälle, die nicht aussagekräftig für den Abbruch an sich sind. Grundsätzlich findet man für fast alle Lebensereignisse einzelne Menschen, die danach Probleme hatten. Die Schlussfolgerung daraus kann aber nicht sein, dass es deshalb allen anderen Menschen auch so geht.(siehe Studien und Fakten)
    Eine Übersicht der wissenschaftlichen Daten finden Sie hier: www.abtreibungs-mythen.info und www.svss-uspda.ch.
    Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass Frau Pokropp-Hippen keine Unbekannte ist, und mit ihren falschen Behauptungen und abstrusen Theorien regelmässig in rechten bzw. klerikal-fundamentalistischen Kreisen auftritt. Frau Pokropp-Hippen ist eine in Fachkreisen jahrzehntelang bekannte “Sprecherin” der fundamentalistischen Gegner des legalen Schwangerschaftsabbruchs und der Behauptung von angeblich “schweren psychischen Folgen der Abtreibung”. Deren gemeinsamer Nenner ist es, Frauen das Recht auf eine selbstbestimmte Entscheidung zum Abbruch abzusprechen. Wenn der Film also Fr. Dr. Pokropp-Hippen ein solches Forum bietet und sie als einzige medizinische ‚Expertin‘ als Filmprotagonistin präsentiert, dann werden damit falsche Behauptungen und soziale Konzepte unterstützt, welche u.a. rechtsradikale und religiös fundamentalistische Kreise vertreten, z.B. die österreichische Partei FPÖ, welche viele Jahre von Jörg Haider geleitet und wegen seines Engagements europaweit einschlägig bekannt wurde.
    http://www.fpoe.at/fileadmin/Content/portal/NFZ/11/nfz0811.pdf Seite 11
    http://www.alfa-ev.de/fileadmin/user_upload/Lebensforum/2005/lf_0205-8-post-abortion-syndrom.pdf
  2. Die Auswahl an Film Protagonistinnnen erfolgt sehr einseitig und läßt den Großteil der Frauen unberücksichtigt, für welche ein Abbruch eine große Erleichterung darstellt, weil damit das zugrunde liegende Problem der ungewollten Schwangerschaft gelöst wurde.
    Es kommen ausschließlich 4 Frauen zu Wort, die ihren Schwangerschaftsabbruch rückblickend negativ erleben, bzw. mit einem Verabschiedungsritual überwinden. Das steht in klarem Widerspruch dazu, was wir in der täglichen Betreuung und Behandlung von Frauen mit ungewollten Schwangerschaften erleben. Von – wenigen – Ausnahmen abgesehen sind Frauen nach einem Abbruch in erster Linie erleichtert, dass die belastende Situation einer ungewollten Schwangerschaft beendet ist.
    Es wird im Film implizit und kausal davon ausgegangen, dass der Abbruch das Problem ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Problem für die betroffenen Frauen ist stets die ungewollte Schwangerschaft mit zwei Handlungsoptionen: Austragen und mit einem ursprünglich ungewollten Kind leben oder die Schwangerschaft beenden. Für viele Frauen ist in dieser Situation der Abbruch die beste oder die zumindest bessere Lösung einer schwierigen Situation. (Das Austragen einer ungewollten Schwangerschaft ist für die meisten der betroffenen Frauen keine Lösung.) Damit wird verständlich, dass die allermeisten Frauen nach einem sehr Abbruch erleichtert und dankbar dem medizinischen Personal gegenüber sind. Dieser Aspekt wird in dem Film gänzlich ausgeblendet. Als Arzt bekommt man in keinem anderen Bereich der Medizin so viel und so tief empfundene Dankbarkeit, wie von Frauen nach einem Abbruch.
    Nachzulesen sind persönliche Erlebnisse von Frauen u.a. in dem Buch „Traurig und befreit zugleich“, Knopf, Marina et al (1995)
    http://www.gynmed.at/sites/default/files/images/pdf/profamagazin3-2013-S17_18.pdf
    http://abtreibung.at/fur-ungewollt-schwangere/psychische-folgen – hier kostenlos zum download: www.gynmed.at, 
www.abtreibung.at
  3. Der Filmemacherin Renate Günther-Greene unterlaufen mehrere Verwechslungen in der Behandlung des Themas ungewollte Schwangerschaft
. Günther-Greene hatte selbst vor 40 Jahren einen Abbruch und seither offenbar wenig Bedürfnis verspürt, über diesen intimen Aspekt ihres Lebens zu sprechen. Aus einem nicht nachvollziehbaren Grund ändert sich das und daraus schließt sie, dass es vielen anderen Frauen ebenso geht. Dabei übersieht sie jedoch, dass viele Frauen über diesen intimen Aspekt genauso wenig mit anderen sprechen möchten, wie sie selbst auch 40 Jahre lang mit kaum jemandem darüber gesprochen hat.
    Die Behauptung des Films, es würde kaum über Abtreibung gesprochen, ist objektiv falsch. Genau das Gegenteil ist der Fall: Unsere Gesellschaft und die Medien sind geradezu besessen, diesen intimsten aller Aspekte des Lebens von Frauen in Öffentlichkeit zu zerren und dort zu diskutieren. Und jeder fühlt sich berufen, anderen Frauen Ratschläge zu erteilen. Woher kommt dieser beinahe missionarische Eifer, Frauen zu bevormunden, sobald sie ungewollt schwanger sind? Warum fällt es uns so schwer, Frauen auch mit einer ungewollten Schwangerschaft selbst entscheiden zu lassen und ihre Entscheidung zu respektieren? Hier sei auf die ‚Pflicht‘-Beratung in Deutschland und die vorgeschriebene ‚Bedenk‘-Zeit vor einem Abbruch in Deutschland hingewiesen. Beides sind beispiellose Maßnahmen der Bevormundung von Frauen, die es in keinem anderen Bereich der Medizin gibt und die vor einigen Jahren z.B. in Frankreich ersatzlos gestrichen wurden, weil sie den Menschenrechten von Frauen widersprechen.
  4. Einseitige Darstellung der ethischen Perspektive aus katholischer Sicht
. Ethikprofessor Nikolaus Knoepffler erwähnt mit keinem Wort das Leiden und Sterben von Frauen zu Zeiten, als der Abbruch noch streng verboten war. Er verschweigt auch, dass in Ländern, wo Frauen am freiesten über ihre Sexualität und Fruchtbarkeit entscheiden dürfen, die wenigsten Abbrüche durchgeführt werden, während Länder, in denen Frauen bevormundet werden, deutlich mehr Abbrüche aufweisen.
    Nikolaus Knöpffler ist katholischer Theologe, Ethiker und absolvierte seine Ausbildung bei den Jesuiten an der päpstlichen Universität in Rom. Die Positionierung der katholischen Kirche ist gemeinhin bekannt wegen ihres generellen Verbotes von Verhütung und Abtreibung. 80-90 Prozent der GynäkologInnen in und um Rom verweigern Abbrüche durchzuführen – aufgrund der starken klerikalen Einflussnahme – was ein gesundheitliches Risiko für ungewollt Schwangere aufwirft, was u.a. auch in einer rezenten Dokumentation auf Arte erläutert wird: http://info.arte.tv/de/italien-recht-auf-abtreibung-gefahr
  5. Es fehlen Beiträge von Ärzten und Beraterinnen, welche selbst Schwangerschaftsabbrüche durchführen und Frauen dabei begleiten sowie betreuen.
    Im Film kommt keine einzige Fachkraft vor, die Frauen in dieser Situation betreut, behandelt und begleitet. Dieser Lapsus würde Journalisten in keinem anderen Fachbereich unterlaufen, bzw. würden sorgfältige Dokumentarfilmer Beiträge zu jedem anderen Thema nicht ohne Hinzunahme kompetenter Fachkräfte produzieren.
    Auch ist diese Dokumentation nicht eine andere Sichtweise zur Dokumentation “ABTREIBUNG – ein Menschenrecht“, welche ebenfalls am 17.3. zur Erstausstrahlung geplant ist. Vielmehr ist die Dokumentation von Fr. Günther-Greene auf vielen Ebenen falsch und transportiert ideologisch/religiöse Konzepte, welche üblicherweise in Monarchien und Diktaturen verbreitet werden.
  6. Faktisch falsche Darstellung und Bezeichnung einer frühen Schwangerschaft. 
Protagonistin Claudia erzählt in Vorträgen an deutschen Schulen von ihrer “Tötungsschuld” und sagt im Film: “… das Kind führt Atembewegungen durch…“ Dabei wird erstens übersehen, dass ein Kind erst nach der Geburt ein Kind ist. Vorher ist es eine befruchtete Eizelle, ein Fruchtsack, Embryo oder Fötus. Ferner wird der Eindruck erweckt, dass in einem sehr frühen Schwangerschaftsabschnitt Atemfunktionen vorhanden sind. Ein Schwangerschaftsabbruch wird jedoch fast immer sehr früh vorgenommen, lange bevor ein Embryo Bewegungen durchführt bzw. bevor überhaupt ein Embryo sichtbar ist. Dies ist völlige Verzerrung der medizinischen Fakten und würde auch in keinem anderen Lebensbereich akzeptiert, dass jemand aufgrund seines eigenen Erlebens, aber ohne medizinische Ausbildung und Fachkenntnis in Schulen geht und dort einseitige und falsche medizinische Informationen verbreitet.
  7. Ausschließlich religiös, bzw. ideologisch motivierte Links auf der Homepage des Films www.tabu-abtreibung.de  www.facebook.com/tabuabtreibung/
    Auf der Seite findet sich kein einziger Link von Organisationen, welche Schwangerschaftsabbrüche durchführen, bzw. welche für die in Deutschland vorgeschriebene Beratung zugelassen sind. Vielmehr finden sich dort ausschließlich Organisationen, welche selbst keine Schwangerschaftsabbrüche durchführen und folglich auch keine eigene Erfahrung in der Betreuung und Behandlung von Frauen beim Schwangerschaftsabbruch haben können. Dafür haben die angeführten Links gemeinsam, dass sie den Abbruch aus religiösen oder ideologischen Gründen ablehnen, wie z.B. durch die Empfehlung auf der Eingangsseite einer der Links ersichtlich, wo es heißt: “Denn der HERR, dein Gott, ist ein barmherziger Gott; er wird dich nicht verlassen.” (5. Mose 4, 31)“ www.ausweg-pforzheim.de

Zusammenfassung:
Die einzige und wirksamste Art die Häufigkeit von ungewollten Schwangerschaften zu reduzieren wird nicht erwähnt: die häufige Anwendung wirksamer Verhütungsmethoden. Dies ist der Grund, dass einige Länder, wie z.B: Holland und die Schweiz eine sehr geringe Häufigkeit von Abbrüchen haben, im Vergleich z.B. zu den USA. Aber dieser konstruktive Ansatz kommt in dem Film überhaupt nicht vor. Vielsagend ist auch das diesbezügliche Engagement der Protagonistin Claudia, welches sich in der Vorgabe Sexualität ‘verantwortungsvoll’ zu leben und der Vermittlung von schlechtem Gewissen erschöpft. Anstatt junge Menschen über die Anwendung von wirksamen Verhütungsmethoden aufzuklären.
Daraus kann man nur schließen, dass es der Filmemacherin gar nicht darum ging Frauen in die Lage zu versetzen, sich wirksam zu schützen, sondern vielmehr mittels falscher Behauptungen dazu beizutragen, dass möglichst viele Frauen Schuldgefühle entwickeln, mittels derer sie dann leichter manipulierbar sind. (In gewisser Weise ist das nichts anderes als eine pseudowissenschaftliche Kopie des Geschäftskonzeptes der Katholischen Kirche.)